Henning Helmhusen |
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Ein anderes Wetter ist möglich
Die Kritik am Wetter ist so alt wie die Menschheit. Wohl jeder kennt
aus seinem Bekanntenkreis Sprüche wie "so ein Sauwetter" oder "das
ist ja überhaupt kein richtiger Sommer". Aber bis vor kurzem verhallten
derartige Äußerungen des Volkszorns ungehört. Das Wetter
nahm seinen Lauf. Und der deutsche Michel beruhigte sein Gewissen, daß
er daran sowieso nichts ändern kann.
Doch nun tut sich etwas. Eine neue soziale Bewegung nimmt das Land im Sturm ein: die Wetterbewegung. Ihre Hauptforderung: Die Bürger sollen das Wetter nicht mehr einfach hinnehmen, sondern demokratisch selbst gestalten. Schließlich gebe es Alternativen zum herrschenden Wetter-Regime. Dazu verweist Pfarrer Bremse, einer der Organisatoren der Sonntagsdemos in Regensburg, auf die Vergangenheit. "Sogar beim Kaiser gab es Kaiserwetter. Wir sind heute gesellschaftlich viel weiter. Und da soll das etwa nicht gehen?"
Für Kanzler Schröder ist die Wetterbewegung zu einem ernsten Problem geworden. Hatte er sich noch bei den letzten Wahlen im Protest gegen die vom Wetter angerichteten Überschwemmungen gesonnt, so hat der Wind nun gedreht. Selbst seine Ankündigung, bald wieder eine Schön-Wetter-Politik zu machen, ja sogar DGB-Chef Sommer zum Bundeswetterbeauftragten zu ernennen, wurden von der Wetterbewegung kritisch kommentiert. Besonders übel wird vielen heute Regierenden dabei angekreidet, daß sie noch 1968 unter der Parole "alle reden vom Wetter, wir nicht" angetreten sind.
Aber die Wut im Volk ist trotzdem echt und ehrlich. Und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Politik hier aktiv werden muß. Um genügend Druck von der Basis für gutes Wetter aufzubauen, sollen die Sonntagsdemos deshalb vorerst weitergehen und sogar ausgebaut werden. Wie die Organisatoren ankündigen, läuft alles auf einen "heißen Herbst" hinaus. Als unvoreingenommener Journalist kann man da nur zu massenhafter Teilnahme aufrufen. |
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Kolumnen <------------------------ |